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Ferienbezug

Wer bestimmt den Ferienzeitpunkt? Kann man sich Ferien auszahlen lassen? Und kann man trotz Arbeitsunfähigkeit in die Ferien fahren? Hier kommen die Antworten.

 

Die Arbeitgeberin bestimmt den Ferienzeitpunkt

Viele Mitarbeiter denken, dass sie allein den Ferienzeitpunkt bestimmen können. Das ist falsch. 

 

Art. 329c Abs. 1 OR sagt, dass die Ferien im Verlauf des betreffenden Dienstjahres zu «gewähren» sind. Das bedeutet, dass der Zeitpunkt durch die Arbeitgeberin bestimmt wird. Dies ist ein Recht und eine Pflicht der Arbeitgeberin zugleich. Es liegt in der Verantwortung der Arbeitgeberin, den Ferienbezug festzulegen und dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer die Ferien bezieht und zwar in der Regel im entsprechenden Kalenderjahr (oder Dienstjahr).  

 

Abs. 2 präzisiert, dass die Arbeitgeberin beim Planen der Ferien auf die Wünsche des Arbeitnehmers soweit Rücksicht zu nehmen hat, wie dies mit den Interessen des Betriebes vereinbar ist.

 

Ferien dürfen nur bei Vertragsende ausbezahlt werden

Ferien von Mitarbeitern im Monatslohn müssen zwingend bezogen, dürfen also nicht ausbezahlt werden. Einzige Ausnahme: Bei Austritt des Mitarbeiters darf oder muss ein Restferiensaldo ausbezahlt werden. Will die Arbeitgeberin bei Vertragsende die Barabgeltung nicht bezogener Ferienansprüche verweigern, so setzt dies voraus, dass sie den Mitarbeiter zum Ferienbezug in der Kündigungsfrist aufgefordert hat.

 

Wie der Ferienbezug und der Ferienlohn bei Stundenlöhnern genau zu handhaben ist, behandle ich ein anderes Mal. 

 

Man kann trotz Arbeitsunfähigkeit ferienfähig sein

Nur weil man arbeitsunfähig ist, heisst das nicht, dass man automatisch auch ferienunfähig ist. Dies muss jeweils im Einzelfall angeschaut werden. Die Frage ist, ob der Erholungszweck der Ferien erfüllt werden kann oder nicht. Den Beweis hat der Mitarbeiter zu erbringen; am besten in Form eines Arztzeugnisses, das die Ferienfähigkeit bzw. -unfähigkeit bescheinigt. Ist der Mitarbeiter trotz Arbeitsunfähigkeit ferienfähig, hat er in dieser Zeit auch Anspruch auf 100 % Lohn. 

 

Bei einer arbeitsplatzbezogenen Arbeitsunfähigkeit ist in aller Regel davon auszugehen, dass der Mitarbeiter ferienfähig ist. 

 

Ist ein Mitarbeiter teilweise arbeitsunfähig, ist er entweder voll ferienfähig oder gar nicht. Man kann nicht 50 % ferienfähig sein. Art. 329b, OR gibt darüber Auskunft, ab wann du eine Ferienkürzung wegen Arbeitsunfähigkeit machen darfst.

 

Ferienbezug bei Freistellung

Wird ein Mitarbeiter nach der Kündigung freigestellt, geht das Bundesgericht davon aus, dass dieser auch ohne ausdrückliche Anordnung Ferien in zumutbarem Masse bezieht (BGE 128 III 271). Er hat also die ihm zustehenden Ferientage zu beziehen, wobei die Arbeitssuche Vorrang hat. 

 

Trotzdem ist es sinnvoll, den Ferienbezug während der Freistellungszeit schriftlich zu regeln. Laut Arbeitsgericht Zürich kann ein Drittel der Freistellungsdauer als Ferien angerechnet werden, die restliche Dauer muss für die Stellensuche zur Verfügung stehen. Gemäss Bundesgericht ist hingegen auf den Einzelfall abzustellen. Dabei zu berücksichtigen sind: Dauer der Kündigungsfrist, die Arbeitsmarktlage, das Restferienguthaben sowie die persönlichen Voraussetzungen des Arbeitnehmers wie Alter oder berufliche Fähigkeiten. Nicht möglich ist ein Ferienbezug dann, wenn sich der Mitarbeiter zur Verfügung der Arbeitgeberin zu halten hat.

 

Ist ein Mitarbeiter in der Kündigungsfrist arbeitsunfähig, sollte der Ferienbezug schriftlich geregelt werden, d. h. die Arbeitgeberin muss die Ferien ausdrücklich anordnen, sofern keine Ferienunfähigkeit besteht. Tut sie dies nicht, ist davon auszugehen, dass die Ferien nicht bezogen wurden und diese somit bei Vertragsende auszuzahlen sind (Obergericht Zürich vom 2. Februar 2023, Entscheid LA 220006).